Wie arbeite ich mit Traumaaufstellung?

Bedeutung der Traumaaufstellungen (IoPT) nach Ruppert

Ich habe die Jahresausbildung bei Franz Rupert (geboren 1957) in München absolviert und mich intensiv mit seiner Theorie und Methode auseinander gesetzt. Ruppert hat für seine Arbeit im Laufe der Entwicklung und Verfeinerung veschiedene Bezeichnungen gefunden, die heute quasi synonym nebeneinander gelten: Traumaaufstellungen, Anliegen-Methode und schließlich Identitätsorientierte Psychotraumatherapie (IoPT). Er begann 1994 mit Familienaufstellungen nach Hellinger zu arbeiten. Insbesondere sein wachsendes Unbehagen an den Eltern-Kind-Ritualen (die er als retraumatisierend empfand) und der Heilung des Einzelnen über das Familiensystem (in der er eine illusionäre Befriedigung kindlicher Symbiosebedürfnisse erkannte), motivierte ihn eigene Wege zu gehen.
Ruppert beschäftigte sich intensiv mit Traumatheorien und richtete seinen Blick dabei besonders auf die früheste Lebenszeit eines Menschen (Schwangerschaft, Geburt und Säuglingszeit). In seiner Theorie geht er heute davon aus, dass die Psyche des traumatisierten Menschen in drei Teile gespalten ist: verdrängte Traumaanteile, abwehrende Überlebensanteile und gesunde Anteile. Die Traumabiographie eines Menschen unterteilt er aufbauend in: Identitätstraumata (frühestes Trauma – nicht gewollt sein), Trauma der Liebe (frühe Kindheit – nicht geliebt sein), Trauma der Sexualität (Kindheit und Jugend – nicht geschützt sein) und Trauma der eigenen Täterschaft (als Erwachsener). Der Begriff Symbiosetrauma beschreibt außerdem, dass traumatisierte Menschen nicht (richtig) zwischen sich und einem anderem Menschen (seiner Mutter, seinem Kind usw.) unterscheiden können. Durch die Identifikation mit dem Erleben und den Gefühlen des Anderen verschwimmen die Grenzen des Ichs. Die Wiedererlangung der eigenen gesunden Identität steht somit im Mittelpunkt des Heilungskonzepts von Rupert und daher auch zentral in dem Namen IoPT. Abgesehen von seiner pauschalen Ablehnung des Familienstellens, ja sogar der Aufstellungsarbeit allgemein, finde ich seine theoretischen Ansichten sehr hilfreich.
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Grenzen der Traumaufstellungen (IoPt) nach Ruppert

Seine methodische Arbeit ist für mich teils anregend, teils unverständlich bzw. unpassend für mich. Der Name Anliegen-Methode läßt sich zurückführen auf die zentrale Bedeutung die Ruppert der Formulierung des Anliegens durch den Klienten (bei ihm der Anliegeneinbringer) beimisst. Seiner Meinung nach darf sich der Therapeut nicht helfend einmischen. Insofern findet auch kein Vorgespräch statt. Oft erfragt Ruppert später im Prozess das genaue Anliegen und Fakten aus der Biographie und dem Familiensystem. Das Anliegen wird als Satz oder Frage aufgeschrieben, wobei ein „Ich“ enthalten sein soll. Der Anliegeneinbringer wählt dann das Ich und zwei Wörter als seine inneren Anteile aus und übergibt diese drei Gruppenteilnehmern zur Resonanz. Ruppert spricht nicht mehr von Aufstellungen, sondern von Selbstbegegnungen. Das ist folgerichtig, da ausschließlich mit freien Bewegungen und freier Kommunikation gearbeitet wird. Der Anliegeneinbringer bewegt sich ebenfalls frei im Feld und kommuniziert mit den Resonanzgebern. Im Grunde leitet er seine eigene Selbstbegegnung. Der Leiter greift nur selten und sehr spät ein, er schlägt Heilungssätze oder die Hereinnahme der Mutter oder anderer wichtiger Personen vor, um die Verstrickungen sichtbar zu machen. Dabei soll der direkte Kontakt mit diesen Personen vermieden oder minimiert werden und der Focus auf die Reintegration der inneren Anteile ausgerichtet sein.
Nicht einleuchtend empfinde ich das Verbot, dem Klienten beim Anliegen zu helfen. Ein Vorgespräch ist für mich absolut notwendig. Dabei darf dem Klient natürlich keineswegs die Findung des Anliegens abgenommen oder gar aufgedrängt werden. Mitunter habe ich bestimmte Wörter aus dem Anliegensatz schlecht mit inneren Anteilen in Verbindung bringen können. Die ausschließliche Verwendung von freier Bewegung und Kommunikation habe ich manchmal als schön und zielführend, manchmal als kraftraubend und verwirrend erfahren. Dies liegt bei Ruppert auch an seiner zurückhaltenden Art zu leiten. Ich möchte weiterhin mit Aufstellungen, also auch mit festen Plätzen und Blickrichtungen arbeiten, da hier für mich eine unverzichtbare Klarheit und Effizienz möglich ist, die auch mit meiner Art zu leiten zusammen passt. Freie Bewegungen haben ihre eigene Qualität und innerhalb meiner Aufstellungen ihren Platz. Unverständlich bleibt mir auch das quasi „Verbot“ mit Familienmitgliedern zu kommunizieren. Die Lösung von Verstrickungen hat für mich in meinen Familienaufstellungen eine höhere Intensität gerade weil sie direkt im Kontakt mit Mutter, Vater und anderen vollzogen wird.
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Meine Arbeitsweise mit Traumaaufstellungen

Angeregt durch Rupperts Selbstbegegnungen begann ich den Klienten selbst schon früh in die Aufstellung hinein zu nehmen, auch ohne den Stellvertreter auszuwechseln.

Familienaufstellung und Traumaheilung - Praxis Martin Lenz Berlin
Traumaaufstellung – Praxis Martin Lenz Berlin

Ich erkannte, dass ohnehin der Stellvertreter einen bestimmtes früheres Kinder-Ich des Klienten verkörpert. Hier begann sich die Arbeit mit dem inneren Kind als Form einer Traumaaufstellung aus der Familienaufstellung heraus zu entwickeln. Wann immer eine Aufstellung ins Stocken gerät, weil das Herz der Eltern verschlossen und der Klient diese nicht annehmen kann, weil er durch sie traumatisiert wurde, nehme ich den Klienten als gesunden Erwachsenen hinein und beginne mit ihm und seinem Stellvertreter eine Innere-Kind-Arbeit.
Zwei weitere direktere Formen der Traumaaufstellung ergeben sich aus den Anliegen selbst, wenn dort schon ein Schocktrauma bzw. ein Bindungstrauma als Hintergrund benannt oder erkennbar wird. Beim Schocktrauma stelle ich direkt die Situation (z.B. die schwere Geburt oder der Unfall) mit den beteiligten Personen (Kind, Mutter, Arzt, Autofahrer usw.) auf. Dabei kommt mir das Phänomen zugute, dass es in Aufstellungen keine Zeit gibt, diese aber jederzeit konkretisiert werden kann, d.h. man kann auf der Zeitlinie vor und zurückgehen.

Beim Bindungstrauma stelle ich das traumatisierte innere Kind, den inneren abwehrenden Erwachsenen oder auch direkt die benannten Überlebensmuster (Selbsthass, Betäubung usw.), sowie die Mutter und andere wichtige Personen auf. In beiden Fällen bringe ich den Klienten von der Position als gesunder Erwachsener später in diese Aufstellungen hinein. Detaillierter habe ich den Prozess der Traumaheilung an anderer Stelle beschrieben.