Was sind Freie Bewegungen, was sind Aufstellungen?

In einer (klassischen) Aufstellung wird auf- und umgestellt (das Familienstellen). Platz und Blickrichtung werden gegeben und sollen durch die Stellvertreter nicht selbständig verändert werden. Ihre Energie soll sich auf die innere Wahrnehmung in dieser Position und Konstellation zu den anderen Personen konzentrieren. Erst stellt der Klient auf, dann stellt der Leiter um. Nur er kommuniziert mit dem Klienten und den Stellvertretern (über Fragen, Feedbacks, Anregungen und Lösungssätze).
Freie Bewegungen sind eine methodische Weiterentwicklung des klassischen Familienstellens durch Bert Hellinger. Er nannte das damals „Bewegungen der Seele“. Die Stellvertreter werden aufgefordert, ohne zu sprechen, sich ganz den inneren Impulsen zu überlassen. Auf diese Weise entstehen freie Bewegungen im Raum. Manchmal handelt es sich nur um bestimmte Phasen in der Aufstellung, manchmal besteht eine ganz „Aufstellung“ aus freien Bewegungen. Sehr intensive Vorgänge und schöne überraschende (Zwischen-) Lösungen können so entstehen. Es gibt Aufsteller, die arbeiten nur klassisch, manche mischen und andere verwenden nur die freien Bewegungen. So wird auch bei den Traumaaufstellungen (IoPT) nach Franz Ruppert nichts mehr aufgestellt. Es gibt nur freie Bewegungen und sogar freie Kommunikation zwischen den Repräsentanten. Auch der Klient bewegt sich frei im Feld.
Manche meinen, die freien Bewegungen wären besser, weil moderner und freier. Das Kriterium sollte meiner Meinung nach aber das Gelingen der Aufstellung, die Wirkung für den Klienten im Sinne seines Anliegens sein. Vermehrt habe ich bei ausschließlich freien Bewegungen Schauspielerei angetroffen oder endloses Reden ohne Gefühl. Dagegen kann eine angeleitete kleine Veränderung in einer Aufstellung (Gefühls-) Welten bewegen. Hier bedeutet der kleinste Unterschied etwas. Diese Qualität geht oft in einer Beliebigkeit von freien Bewegungen und Kommunikation verloren.
Ich verwende als Grundgerüst meiner Arbeit die klassische Aufstellungsform. Häufig fordere ich die Stellvertreter auf, sich für eine bestimmte Zeit den freien Bewegungen zu überlassen. Wenn nicht gesprochen wird, kommen diese Gruppenbewegung irgendwann wieder zur Ruhe und es ergibt sich so ein neues Bild, mit dem ich als Aufstellung weiterarbeite. Oftmals stellt sich in meiner Arbeit irgendwann ein Fluß ein, in dem die Impulse von den Stellvertretern, dem Klienten und von mir als Leiter frei hin und her wechseln und sich ergänzen. Dabei gebe ich meine Aufgabe als Leiter nicht auf, sondern wäge immer ab, was dem Prozess dienlich ist oder nicht.